Gitternagen / Gitterziehen

So manchen Haltern hat das lautstarke Nagen oder Ziehen am Käfig- oder Lüftungsgitter schon zur Verzweiflung getrieben, bis hin zum Vorhaben, seine Degus wieder abzugeben.  

Von der Lärmbelästigung abgesehen ist nicht abschließend geklärt, ob das Nagen an den Gitterstäben/Gittern nicht auf Dauer Zahnschäden verursachen kann. Einige Degus schaben sich oberhalb der Nase durch die Gitterstäbe auch das Fell ab. Meist sind die Gitterstäbe auch noch eloxiert oder verzinkt, so dass abgenagte Partikel dem Degu ggf. schaden können. Sprich, es gibt viele Gründe, gegen das Verhalten vorzugehen.

Es handelt sich dabei um eine Verhaltensauffälligkeit bei der 

  1. entweder am Gitter waagerecht entlang genagt wird => „knatterndes“ Geräusch oder 
  2. mit den Vorderpfoten gescharrt wird => „schabendes“ Geräusch oder 
  3. mit den unteren und/oder oberen Schneidezähnen die Gitterstäbe umfasst, angezogen und wieder losgelassen werden => „Pling-Pling“-Geräusch. 

Manche Degus zeigen dieses Verhalten von Beginn an, andere erlernen und verlernen es im Laufe ihres Lebens und einige kopieren erfolgreich das Verhalten ihrer Mitbewohner. Auch die Dauer des Gitternagens/ziehens ist von Degu zu Degu sehr unterschiedlich. Manch einer zeigt dieses Verhalten nur ab und an (phasenweise, saisonal v.a. im Frühjahr), andere vornehmlich nachts und ganz Aktive leider auch „ausdauernd“. Einige Degus randalieren nur an bestimmten Stellen im Käfig, andere ziehen an allen Stäben, die sie erreichen können. Es gibt aber einen Trost: häufig verlieren sie dieses Verhalten im Alter wieder und am Ende haben wir ein paar Ideen aufgelistet, um das nervenaufreibende Verhalten etwas abzumildern. Bevor man sich aber an unsere Ideen begibt, sollte man versuchen, die Intention des Verhaltens herauszufinden. Häufig sind es auch mehrere Ursachen, die den Degu zu diesem Verhalten bringen.

Langeweile 

Der Degu wird als Einzeltier gehalten       

Es fehlen Kuschelpartner und das soziale Verhalten in der Gruppe. Degus sind keine Einzeltiere und dürfen nur in Gruppen gehalten werden (siehe „Deguratgeber“), deshalb muss – sofern die Gesundheit des Degus nicht entgegenspricht – eine Vergesellschaftung mit weiteren Tieren der erste Schritt sein. 

Kein artgerechter Käfig

Der Käfig ist zu klein und der Degu versucht „auszubrechen“ bzw. ein größeres Revier in Anspruch zu nehmen. Der Käfig sollte den Mindestmaßen entsprechen (siehe „Infoblatt über das artgerechte Deguheim“ / „Deguratgeber“), besser deutlich größer gewählt werden. Auch die Schaffung eines ergänzenden Freilaufgeheges, das zeitweise zusätzlich genutzt werden kann, wird gerne angenommen und könnte Abhilfe schaffen. Allerdings birgt ein einmal lieb gewonnener Freilauf – so bereichernd er für die Tiere ist – auch die Gefahr, dass dieser zur Dauernutzung lautstark mittels Gitterkonzert eingefordert wird. Diese gut gemeinte Erweiterung könnte also letztlich zum Bumerang werden. 

Keine artgerechte Käfigeinrichtung

Der Käfig bietet zu wenig Beschäftigungsmöglichkeiten. Gitternagen, Pling-Konzerte und ähnliche stereotype Handlungen können durch Abwechslung und viel Bewegung ggf. verhindert werden. Wenn die Käfigeinrichtung eher einem „Kletterpark“ gleicht, sollte sie in eine „Lauflandschaft“ verwandelt werden. Klettern ist in jungen Jahren noch möglich, im Alter aber immer schwieriger und ungewollte Abstürze führen zu Verletzungen. Insbesondere junge Tiere müssen ihrem Bewegungsdrang nachgehen können. Aber auch für ältere Tiere ist es wichtig, sie zu Bewegung zu animieren und ihnen diese auch zu ermöglichen. Dabei kann man mit der Einrichtung experimentieren und versuchen, die Struktur des Käfigs so umzustellen, dass die Laufwege länger werden (zum Beispiel Sandbad, Laufrad und Wassertränke auf verschiedenen Etagen). Unterstützend kann mit geeigneten Laufrädern und Lauftellern geholfen werden (siehe „Infoblatt über degugeeignete Laufräder“).  

Artgerechtes Degu“nage“futter

Deguzähne müssen sich abnutzen können, da sie ein Leben lang wachsen. Ist im Käfig alles z.B. mit Aluschienen gegen Zernagen gesichert, weicht der Degu ggf. auf das Gitter aus. Äste, Baumrinde, Korkröhren, Pappröhren, Kartonlabyrinthe etc. können hier helfen. Außerdem sollte sich der Degu sein Futter auch suchen oder erarbeiten müssen und nicht in einem Schälchen bereitgestellt bekommen („Deguratgeber“, „Infoblatt über Frischfutter“); das Futter kann nicht nur im Käfig verstreut, sondern auch verbuddelt werden, so dass der Degu, wie in der freien Natur, erst einmal mit Futtersuche beschäftigt ist.  

Stresssituationen 

Veränderungen am Degukäfig oder den Lebensbedingungen

Sind in der letzten Zeit Veränderungen an der Deguvoliere oder in unmittelbarer Nähe zur Voliere vorgenommen worden? Wurde eine andere Voliere angeschafft, der Standort verändert oder sind z.B. neue weitere Haustiere eingezogen, die am Degukäfig „vorbeistreifen“? Dies bedeutet für die Nagetiere mitunter extremen Stress und sie brauchen ein paar Tage, bis sie sich daran gewöhnt haben. Das Ziehen an den Gitterstäben mag als „Ausbrechen wollen“, „Aggression“ oder „Stressabbau“ gedeutet werden.  

Während einer Vergesellschaftung

Meist werden nur die Gitterstäbe am Trenngitter in Mitleidenschaft gezogen. Die Tiere wollen entweder den gegenübersitzenden Artgenossen Schaden zufügen (ein neuer Degu ist erst mal ein Eindringling) oder zu den anderen Tieren gelangen. Zudem wurde durch den Einzug eines Trenngitters das bisherige Revier beschränkt und die Degus möchten in den bislang dazugehörenden Teil gelangen. Dieses Gitternagen sollte sich mit einem erfolgreichen Abschluss der Vergesellschaftung wieder erübrigen („Infoblatt über die Vergesellschaftung von Degus“).  

Gruppendynamik / Stellung innerhalb der Gruppe

Wie sieht das Gruppengefüge aus, beteiligt der lärmende Degu sich an Gruppenaktivitäten, die ihn ablenken? Welche Stellung nimmt der Degu in der Gruppe ein? Kaum ein Degu möchte der Rangniedrigste sein und ist deshalb vielleicht gefrustet. In welchen Situationen nagt der Degu besonders? 

Jahreszeitliche Abhängigkeit

Insbesondere in den Monaten März bis Juni scheinen auch Degus Frühlingsgefühle zu haben, d.h. sie sind extrem aktiv und wachsam, haben einen sehr hohen Bewegungsdrang und neigen dann auch zu stereotypen Verhaltensweisen wie Gitternagen. 

Degus in der Flegelphase (Alter bis ca. 1,5 Jahre)

Insbesondere in der Flegelphase kann es zwischen pubertierenden Degus zu Rangstreitigkeiten, Aufreiten etc. kommen und einzelne Tiere versuchen, durch die Gitterstäbe aus dem Käfig auszubrechen oder anderweitig ihren Beziehungsstress abzubauen. Hier könnte ggf. mit der Schaffung von mehreren Rückzugsmöglichkeiten für die Tiere geholfen werden, damit sie die Möglichkeit haben auch mal „für sich allein“, „geschützt vor den Anderen“ zu sein.  

Konditionierung

Es ist auch durchaus möglich, einen Degu so zu konditionieren, dass er durch Gitternagen/-ziehen ein Leckerlie abstaubt, mit ihm gesprochen/geschimpft wird oder er ins Freilaufgehege gelassen wird. Hier gilt es genau zu beobachten, was das Verhalten auslöst. Auf keinen Fall sollten dann Leckerlies durch die Gitterstäbe gereicht werden, das fördert das Konzert nur.

Lösungsmöglichkeiten

Zusätzlich zu den bereits oben aufgeführten Lösungsmöglichkeiten hier noch eine kleine Zusammenstellung weiterer Maßnahmen. Diese sind definitiv nicht „erschöpfend“ und helfen nicht bei jeder lärmenden Fellnase, denn jeder Degu reagiert auf Veränderungen – insbesondere in Stresssituationen – anders. Trotz Nagemöglichkeiten gibt es immer wieder Degus, die sich einfach so langweilen, vielleicht auch, wenn die anderen in der Gruppe gerade keine Lust auf „Action“ haben. Dies kann auch bei ausreichend großen Käfigen passieren.

Macht der Degu nur an bestimmten Stellen des Käfigs sein „Konzert“, können diese Stellen mit Holzbrettern, Holzstöcken, dicken Ästen, Weidenbrücken, Pappröhren bestückt oder mit Einrichtungsgegenständen zugestellt werden, damit er sich hoffentlich daran ausgiebig austobt. Am Trenngitter darf natürlich nur ein Teil verdeckt werden, damit sich die Tiere durch das Gitter noch riechen und sehen können.   Die Geräuschkulisse kann ggf. durch eingeflochtene Hanf-/Kokosseile minimiert werden.  

Um den Degu besser zu beschäftigen, kann auch mal öfters die Inneneinrichtung umgebaut bzw. umgestellt werden, damit bisher bekannte Laufwege nicht mehr möglich sind und neue Laufwege erschlossen werden müssen. 

Lärmt der Degu quasi an allen erreichbaren Stellen kann man es mit Klicker- oder Agilitytraining versuchen. Dies bedeutet aber einen zusätzlichen hohen Zeitaufwand für den Halter und auch hier ist der Erfolg nicht gesichert.

Und zum Abschluss bliebe dann nur noch, die Gitterflächen mit Plexiglas auszukleiden, dabei ist allerdings darauf zu achten, dass die Tiere mit ihren Zähnen die Plexiglaskanten nicht benagen können und eine ausreichende Luftzufuhr gewährleistet ist. 

So nicht!

Maßnahmen wie Einreiben des Gitters mit Zitrone, Knoblauch etc., Nassspritzen, lautstarkes Schimpfen oder gar Kastration haben keinen Erfolg. Im Gegenteil, lautstarkes Schimpfen oder an den Käfig treten kann sogar dazu führen, dass der Degu genau das erreicht, was er möchte, nämlich Aufmerksamkeit.

Download

Dieses Infoblatt kann auch als PDF heruntergeladen werden: Infoblatt über Gitternagen / Gitterziehen