Gedanken zum Degunachwuchs

Kleine Degus sind wie nahezu alle Tierkinder ohne Wenn und Aber süß und einnehmend. Kaum einer kann ihrem Charme widerstehen und lässt sich nicht von ihnen um den Finger wickeln. Da ist es nur allzu verständlich, dass beim einen oder anderen Deguhalter der Wunsch nach Degubabys aufkommt. Immer wieder erfahren wir von Haltern, die sich eigenen Nachwuchs wünschen.

Nur einmal…

Allerdings wird hierbei gerne die Kehrseite der Medaille übersehen.
Von bewusst in Kauf genommener Trächtigkeit raten wir aus den folgenden Gründen ab:

  1. Es gibt durchaus mehr Degus, die ein neues Zuhause suchen als verantwortungsbewusste Halter. Nicht selten gerät so ein Vorhaben auch außer Kontrolle, da zu spät oder nicht korrekt nach Geschlechtern getrennt wird oder das potente Männchen zum Zeitpunkt der Geburt noch bei dem/den Weibchen sitzt. Immer wieder werden wir kontaktiert, weil in einem Privathaushalt aus ursprünglich Männchen und Weibchen zahlreiche Nachkommen entstehen. Notfälle von 30-50 Tieren sind dabei eher die Regel als die Ausnahme. Der Großteil der Weibchen ist zu diesem Zeitpunkt meistens bereits wieder trächtig.

  2. Vorerkrankungen oder genetische Veranlagungen, auch wenn diese nicht bekannt sind (oder wahrgenommen werden) oder bei den potentiellen Elterntieren keine Auswirkungen haben, können bei der nächsten Generation massive Folgen haben. In den letzten Jahren hat die Zahl von Degus mit Zahnproblemen, Tumoren, aber vermutlich auch Stoffwechselerkrankungen deutlich zugenommen. Es gibt keine tierärztlichen Zuchtuntersuchungen, so dass überhaupt nicht bekannt ist, welche Veranlagungen die Tiere weitergeben könnten. Verhaltensprobleme können ebenfalls das Resultat dieser unwissenden Verpaarung sein.

  3. Auch für den Zweck von Nachwuchs müssen die Tiere vergesellschaftet werden. Obwohl es zwischen einem Männchen und einem oder auch mehreren Weibchen recht problemlos klappen sollte, ist das Risiko von Streit und Verletzungen gegeben. Sollen gar mehrere Männchen zu Weibchen integriert werden, ist heftiger Streit mit evtl. sogar Todesfolge vorprogrammiert.

  4. Auch wenn Trächtigkeit und Geburt zu den natürlichsten Vorgängen gehören, sind diese nicht frei von Risiken und schwerwiegenden Komplikationen. Je älter das Weibchen, desto höher das Risiko, dass es zu Problemen während der Geburt kommt. Im schlimmsten Fall bleibt ein Tier im Geburtskanal stecken. Geschieht dies nachts oder in Abwesenheit des Halters, ist schnelle Hilfe nicht zu erwarten, was für das Muttertier und die verbleibenden Babys tödlich enden kann. Auch Fehlbildungen oder Fehlgeburten kommen durchaus vor. Gestresste oder unerfahrene Mütter können zudem den Nachwuchs ablehnen. Eine zeitintensive Handaufzucht mit anfänglichen Fütterungen alle zwei Stunden rund um die Uhr ist die Folge.

  5. Männchen, die Kontakt zu Weibchen hatten, sind in der Folge oft schwierig im Zusammenleben mit anderen Männchen. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sie nie wieder mit anderen Männchen friedlich zusammenleben können. Die notwendige Folge wäre eine Kastration und Vergesellschaftung mit Weibchen.

  6. Was soll mit dem Nachwuchs geschehen? Nicht in jedem Fall findet sich zeitnah ein neues Zuhause für den Nachwuchs, falls dieser vermittelt werden soll. Notwendig wären in diesem Fall dann mehrere Käfige, um nach Geschlechtern zu trennen.

  7. Bedacht werden sollte auch, dass Degus hochsoziale Tiere sind, deren Gruppengefüge äußerst komplex und vielschichtig ist. Zusammenführungen und Trennungen führen innerhalb der Gruppe oder bei einzelnen Tieren oft zu tiefgreifenden emotionalen Belastungssituationen.

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