Degunachwuchs

Als gewissenhafter Deguhalter tut man alles, um Degunachwuchs zu verhindern. Was aber, wenn ein Weibchen schon trächtig zu einem kommt oder sich durch mangelnde(s) Wissen oder Kontrolle ein Männchen in einer Weibchengruppe befindet?
Dann sieht man sich plötzlich mit einer Situation konfrontiert, mit der man nicht gerechnet hat: Nachwuchs im Deguheim.

Dieses Infoblatt klärt die wichtigsten Themen rund um die Trächtigkeit, die Geburt und die Zeit danach.

Die Tragezeit

Mit durchschnittlich 90 Tagen haben Degus eine für Nagetiere recht lange Tragezeit. Dafür sind Degukinder im Vergleich zu anderen Nagerbabys Nestflüchter, d.h. sie sind bei der Geburt schon sehr weit entwickelt und verlassen das Nest bereits nach wenigen Tagen (manchmal sogar schon am Folgetag), um ihre Umgebung zu erkunden und mit zum Teil weniger als zwei Wochen bereits feste Nahrung anzutesten.

Unterstützung der Mutter während der Tragezeit und vor der Geburt

Die Tragezeit verläuft in den meisten Fällen unkompliziert. Dennoch ist es wichtig, während der gesamten Trächtigkeit ein wachsames Auge auf das Weibchen zu haben. Das gilt vor allem dann, wenn das Tier bereits tragend übernommen wurde, unbekannten Alters ist und/oder aus schlechter Haltung stammt (potentielle Mangelernährung/Krankheiten).

Stress ist ein sehr häufiger Grund, weswegen das Weibchen die Jungtiere teilweise oder gar nicht annimmt. Deshalb ist sicherzustellen, dass trächtige Tiere die nötige Ruhe bekommen und entspannt ihren Nachwuchs zur Welt bringen können.

Futter

Die werdende Mutter hat während der Tragezeit und auch während der Säugezeit einen erhöhten Eiweißbedarf.

Mögliche Proteinquellen sind:

  • Hafer – als ganzes Korn oder Flocken (außer Schmelzflocken)
  • Walnüsse
  • Pinienkerne
  • Cashewnüsse
  • Hanfsamen (auch als Presskuchen)
  • Mandeln
  • Frisches Grün wenn das Tier daran gewöhnt ist

Besonders viel Protein enthalten auch Hülsenfrüchte wie Erdnüsse und Erbsenflocken. Auf eine Verfütterung während der Trächtigkeit sollte jedoch aus den folgenden Gründen vorsichtshalber verzichtet werden:

  1. Erdnüsse sind besonders stark anfällig für Aflatoxinbefall. Aflatoxin ist das Gift eines Schimmelpilzes. Es steckt vor allem in der Schale, weswegen Erdnüsse grundsätzlich nicht mit Schale verfüttert werden sollten. Aber auch geschälte Erdnüsse können mit Aflatoxinen belastet sein. Wenn also diese Proteinquelle genutzt wird, ist es äußerst wichtig, auf sehr gute Qualität zu achten. Hier am besten im Vogelfuttersortiment schauen. Es gibt Anbieter, die ihre Erdnüsse als aflatoxinfrei bewerben.
  2. Erbsenflocken werden von Degus sehr gerne genommen, haben aber eine für die Verstoffwechselung eher ungünstige Proteinstruktur, die im schlimmsten Fall zu ernsten Nierenproblemen führen kann. Aus diesem Grund sollten Erbsenflocken – wenn überhaupt – auch nur äußerst sparsam verfüttert und während der Trächtigkeit und der Säugezeit besser nicht angeboten werden.

Anpassung des Käfigs/Schutzmaßnahmen

Bei Käfigen, die den aktuellen Empfehlungen entsprechen, dürfte es für neugierige Degukinder wenig Gefahrenpotenzial geben. Durch die grundsätzliche Verwendung von Volletagen ist die Fallhöhe relativ gering, und wenn sich auf den Ebenen hoch genug Einstreu befindet, ist eine weiche Landung garantiert. Handelt es sich um eine Voliere mit Gitterstreben, sollten die Drahtabstände höchstens 1 cm betragen. Bei Käfigen aus 4-Kant-Volierendraht, ist die Maschenweite auf maximal 12 x 12 mm zu begrenzen, damit vorwitzige Babys nicht durchschlüpfen können.

Ein prüfender Blick auf die Einrichtung hinsichtlich loser Steine oder Ritzen, in denen sich die Kleinen einklemmen könnten, sollte dennoch erfolgen, da Degukinder dazu neigen, jeden noch so kleinen Spalt zu erkunden. Sofern Trinknäpfe verwendet werden, sind diese durch flache Schalen (bspw. Untersetzer von kleinen Pflanzentöpfen mit relativ geringem Durchmesser) zu ersetzen, damit sich ein hineingefallenes Degukind auch wieder
hinausretten kann und nicht im Wassernapf ertrinkt.
Bei der Verwendung von Wasserflaschen sollte ggfs. eine zweite, kleinere Flasche etwas niedriger angebracht werden.

Gruppendynamik

Degus sind sehr soziale Tiere, was sich auch bei der Nachwuchsbetreuung zeigt. In Weibchengruppen wird sich im Kollektiv um den Nachwuchs gekümmert und auch nicht großartig zwischen „mein Nachwuchs“ und „dein Nachwuchs“ unterschieden. Es kommt – sofern der Käfig groß genug ist und sich alle aus dem Weg gehen können – auch nur sehr selten zu Streitigkeiten oder zu einer Nichtakzeptanz des Nachwuchses. Gelegentlich tritt der Fall ein, dass die frischgebackene Mutter ihren Nachwuchs in den ersten Tagen abschirmt und die bislang akzeptierten Artgenossinnen vertreiben möchte. Meist legen sich diese Missstimmungen aber binnen kurzer Zeit und eine Trennung der Degus ist nicht notwendig.

Nachdem Deguweibchen umgehend nach dem Geburtsvorgang wieder gedeckt werden können, müssen unkastrierte Böcke zwingend VOR der Geburt der Babys abgetrennt werden. Wurde ein Böckchen während der Tragezeit kastriert und die Kastration liegt bereits sechs Wochen zurück, darf er bei seiner Familie verbleiben. Nachdem sich auch kastrierte Böcke um die Gunst der Weibchen streiten, bitte immer nur einen Bock pro Gruppe halten.

Die Geburt und die unmittelbare Zeit danach

Die Geburt an sich verläuft in den meisten Fällen komplikationslos – vor allem dann, wenn die werdende Mutter durch die zuvor genannten Punkte entsprechend unterstützt wurde. Auch wenn in der Fachliteratur häufig die frühen Morgenstunden als präferierter Geburtszeitpunkt angegeben werden, ist jeder andere Zeitpunkt genauso möglich. Die Jungen können also jederzeit zur Welt kommen. Meistens bekommt man es erst dann mit, wenn sich der Nachwuchs durch Gepiepse und Gequietsche bemerkbar macht.

Auch, wenn es in den Fingern juckt, sollte eine Nestkontrolle frühestens nach 12-24 Stunden stattfinden. Und dann auch nur sehr vorsichtig, mit zuvor gut gewaschenen Händen, ggfs. mit Handschuhen ins Nest gehen, nicht herumwühlen, sondern nur vorsichtig das Nistmaterial anheben und nachschauen, ob die Babys einen munteren Eindruck machen. Wichtig ist darüber hinaus, den allgemeinen Zustand der Mutter im Auge zu behalten.

Futtertechnisch gilt „nach der Geburt ist vor der Geburt“. Das bedeutet: das Weibchen hat weiterhin und mindestens für die kommenden 4-6 Wochen einen erhöhten Energiebedarf, um den Nachwuchs ausreichend gut versorgen zu können. Das gilt speziell für Weibchen, die – aus welchen Gründen auch immer – in der Vergangenheit bereits mehrmals geworfen haben und/oder wenn es sich bei dem aktuellen Wurf um einen großen (mehr als sechs Babys) handelt, die Mutter generell körperliche Defizite aufweist, selbst noch nicht ausgewachsen oder schon älter ist.

Mögliche Komplikationen

Mama in Not

Wie bereits beschrieben, ist die Geburt im Normalfall ein recht unkomplizierter Vorgang und ein Eingreifen nicht nötig. Trotzdem ist es wichtig, das Geschehen im Auge zu behalten. Vor allem, wenn die im vorherigen Abschnitt genannten Risikofaktoren existieren (Alter, Wurfgröße, bereits erfolgte Würfe in der Vergangenheit, desolater Gesundheitszustand). Es ist manchmal nicht einfach, die Balance zwischen einer gewissen Kontrolle, ob alles in Ordnung ist und „den Dingen ihren Lauf lassen“ zu finden.

Während der Trächtigkeit ist darauf zu achten, ob das Weibchen einen gesunden Eindruck macht, also seinen normalen Tätigkeiten wie buddeln, im Laufrad laufen und mit den anderen Degus interagieren nachgeht. Warnsignale, dass etwas nicht stimmt, können sein:

  • Gewichtsabnahme
  • Teilnahmslosigkeit
  • Rückzug in ein Versteck
  • plötzliche Aggressivität
  • Ausfluss aus der Scheide

Sollte die Mutter einige Stunden nach der Geburt des oder der ersten Jungen noch Wehen haben, teilnahmslos werden oder Schmerzen zeigen, kann das ein Anzeichen für ein im Geburtskanal steckengebliebenes Junges sein und man sollte die Mutter mitsamt den bereits geborenen Babys schnellstmöglich zum Tierarzt bringen.

Sehr selten kommt es nach der Geburt zu einer durch aufsteigende Bakterien verursachten Entzündung des Uterus, deshalb sollte die Mutter auch nach einer komplikationslosen Geburt gut beobachtet werden.

Baby(s) in Not

Hin und wieder werden ein oder mehrere Baby(s) nicht richtig versorgt oder sogar ausgestoßen. Besonders bei großen bis sehr großen Würfen kann es vorkommen, dass schlechter entwickelte und schwächere Babys darunter sind, denen ein Start ins Leben somit deutlich schwerer fällt. Zudem haben Deguweibchen nur 8 Zitzen, weswegen sie auch nur maximal 8 Babys gleichzeitig säugen können. Manchmal ist es aber leider auch so, dass die Schwächeren gleichzeitig auch eine Fehlentwicklung aufweisen. Das kann dazu führen, dass sich die Mutter – wie in der Natur üblich – nur um den vitalen Nachwuchs kümmert.

Während in freier Natur das Schicksal dieser kleinen Wesen relativ schnell besiegelt wäre, kann man in Heimhaltung natürlich versuchen, den Kleinen mittels Zufütterung von Ersatzmilch eine Chance zu geben. Ein wesentlicher Vorteil von Degus als Nestflüchtern ist, dass sie relativ schnell feste Nahrung zu sich nehmen und nur kurze Zeit ausschließlich von Muttermilch leben. Somit steigen die Überlebenschancen der Kleinen von Tag zu Tag, allerdings bleibt es bis zur ca. dritten Lebenswoche kritisch.

Wichtig ist eine zeitnahe Reaktion, wenn festgestellt wird, dass ein oder mehrere Baby(s) nicht richtig versorgt werden.

Den Entwicklungsstand kann man mittels regelmäßiger Gewichtskontrolle feststellen. Auch wenn das Geburtsgewicht und die Gewichtsentwicklung einer gewissen individuellen Schwankung unterliegen, können folgende Angaben zur Orientierung dienen: Geburtsgewicht 10-15 Gramm, tägliche Zunahme ca. 2 Gramm.

Aber auch die Augen sind ein wichtiges Merkmal: normalerweise öffnen sich diese kurz nach der Geburt, spätestens am zweiten Tag. Auch wenn das Bäuchlein nicht prall aussieht und die Haut faltig ist, weist das auf eine Unterversorgung hin.

Zur Handaufzucht bzw. zum Zufüttern eignet sich „Nagetier- und Kaninchenmilch“ (z.B. von Beaphar), die mit verdünntem Fencheltee angerührt und auf Körpertemperatur angewärmt wird. Fragt Euren Tierarzt nach einer Säugehilfe, das sind Spritzen mit einem weichen Silikonsauger, die von den Kleinen besser angenommen werden als die herkömmlichen Spritzen. 

Wenn das Junge zwar gesäugt wird, die Milch aber nicht ausreicht, sollte tagsüber alle 3-4 Stunden zugefüttert werden. Säugt die Mutter gar nicht, muss rund um die Uhr alle 2-3 Stunden gefüttert werden.

Je größer die Babys werden desto mehr können sie pro Mahlzeit trinken und man kann die Intervalle verlängern.

Ende gut, alles gut…

Der Wunsch und auch die Regel ist es, dass sowohl die Mama als auch ihr Nachwuchs gesund und munter durch die ersten Wochen kommen.
Um nun aber weiteren Nachwuchs sicher auszuschließen, müssen die kleinen Buben im Alter von ca. acht Wochen Abschied von der Gruppe nehmen und ausziehen. Männchen werden normalerweise mit zehn bis zwölf Wochen geschlechtsreif, Weibchen jedoch schon mit etwa sechs Wochen.

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